Videoblog: Die Belüftung des Foyers im FRIEDRICHSTADT-PALAST
24. November 2021Baden-Baden Award 2020 & 2021
25. November 2021Brandschutz durch Technik…
Für gewöhnlich, wenn ich in einem Theater oder Konzerthaus sitze, schweifen meine Blicke so durch den Saal und kurz darauf stupst mich meine Frau an und flüstert mir zu: „Du bist hier nicht der Sicherheitsbeauftragte, sondern Besucher!“ Wie so oft, hat sie natürlich recht. Es ist eine dumme Angewohnheit von mir, mir nach Fluchtwegen, Brandmeldeanlagen, elektrischen Installationen, sicher aufgehängten Traversen und anderem den Hals zu verdrehen. Jüngst saß ich im Theaterrestaurant Culinaria in Freiburg und entdeckte Sprinkler an den Decken. Aha, dachte ich, ein Theaterrestaurant mit Sprinkleranlage, wie vorbildlich. Ich war beruhigt und bestellte einen trockenen Weißwein.
Denn seit dem Ringtheaterbrand am 8. Dezember 1881, also ziemlich genau vor 140 Jahren, bin ich beunruhigt, es könnte wieder einmal brennen. Zwar weiß ich auch, dass es inzwischen keine Gasbeleuchtung mehr gibt und dass Dekorationen mit B1-Zertifikat schwer entflammbar sind und dass die Gebäude praktisch aus nicht brennbaren Materialien errichtet werden, aber man weiß ja nie… Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!
Und da sich ganz allgemein die Unglücke häufen, wünschte ich mir eigentlich noch mehr Sicherheitseinrichtungen. Ich vermisse Sensoren, die kleinste Erdbeben erkennen, die Hagelschlag signalisieren an Fensterscheiben, die bersten könnten, Sensoren, die Überschwemmungen, Starkregen und Klimaschwankungen am besten direkt an eine Sicherheitsapp weiterleiten würden. Wenn Theater mit all dem und noch mehr ausgestattet wären, könnte ich beruhigt dem Bühnengeschehen folgen und müsste meine Blicke nicht schweifen lassen und meine Frau müsste mich nicht zur Besinnung bringen.
Es ist zwar richtig, dass mir in den letzten dreißig Jahren kein einziger wirklicher Theaterbrand bekannt geworden ist, dafür aber zahlreiche Überschwemmungen durch fehlausgelöste Sprinkler. Doch mein Resümee ist anders: Ich bin froh, dass Sprinkler, die noch so viele Fehlfunktionen aufweisen, überhaupt installiert werden. So weiß ich, dass es sich um Produkte Made in Germany handelt. Andernfalls könnte man auf den Gedanken kommen, Dummys aus dem 3D-Drucker an die Decke zu schrauben, die mich in falscher Sicherheit wiegen würden. Was für ein Glück, dass außer mir noch niemand auf diese Idee gekommen ist.
Hubert Eckart
…oder durch Fachpersonal?
Die Dampfmaschine, FCKW, der Dieselmotor, nicht zu vergessen: Nikita Chrutschow – sie alle stehen für zeitgemäße Lösungen, die zu Problemen wurden. Die Innovation von gestern ist der Fluch von morgen. Das ist nicht neu, denn wir lieben das Stetige. Keine noch so unangenehme Gewohnheit, von der wir uns nach langer Zeit freiwillig lösen möchten.
So fällt es uns eben schwer, sich von Dingen zu verabschieden, die keinen oder wenig Sinn haben, weil wir doch stets in guter Absicht handeln.
Löschanlagen sind eine tolle Erfindung. Im Falle eines Feuers in einem vollbesetzten Theater verschafft man den Menschen die Möglichkeit, das rettende Ufer oder die nächstgelegene und nach außen öffnende (auch eine Erkenntnis des Ringtheaterbrands) Tür zu erreichen. Ein Eiserner Vorhang schafft Zeit, vermindert den Kamineffekt des Bühnenturms und trägt so zur Rettung des Publikum und der Theatermenschen bei.
Neue Theater werden mit wenig Brandlasten gebaut, auch bei Sanierungen werden Kabeltrassen eingespart und hochwertige Technik zur Überwachung eingesetzt. Dass man aber in einem Theater bei der Anwesenheit von Feuerwehrleuten noch eine Automatik einsetzen soll, die besser sein soll als die Expertise der Fachleute, ist einfältig. 80 Millionen Euro Löschwasserschäden stehen 8.000 Euro Brandschäden gegenüber. Menschenleben sind glücklicherweise seit 50 Jahren nicht mehr zu beklagen.
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim alten zu lassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“ (Albert Einstein)
Manche Dinge erfordern radikale Wendungen: morgens Elmex, abends Aronal! Experten plädieren für eine Löscheinrichtung lediglich über dem Eisernen Vorhang. Richtig gedacht. Die Ziele sind entscheidend: Menschen retten und erst dann Werte der Gebäude erhalten. Menschen aber zuerst – immer! Die sind vor allem dann dort, wenn die Gebäude durch die Brandsicherheitswachen geschützt werden. Ca. 1000 Theatervorstellungen finden am Tag unter normalen Bedingungen statt. Sie sind die sichersten Orte für Menschen. Bestrafen wir sie nicht ständig dafür, sondern ermutigen wir gute Arbeit mit angemessenen Bedingungen.
Wesko Rohde